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Gehen Sie die Linie

von Anke Sademann

Der Berliner Autor Misha G. Schoeneberg erhält von einem befreundeten Mönch aus Thailand das Privileg als einziger Ausländer mit 220 thailändischen Mönchen auf dem 1.500 km langen SIDDHARTHA HIGHWAY durch Indien und Nepal zu pilgern. Wir begleiten ihn „im Geiste“ zum Baum der Erkenntnis nach Bodhgaya und eines ist klar: Der Buddha Walk ist definitiv keine Angelegenheit für verklärte Eso-Traumwandler.

„Die Mönche schauen nach innen, ich schaue mich um“, so kommentiert Schoeneberg seine faszinierende Reise über den Siddhartha Highway. Für Buddhistische Mönche gilt die eiserne Regel: Gehe immer langsam und achtsam, renne nie – auch wenn es brenzlig wird. Indische Trucker-Driver hingegen fahren stur nach dem Motto: „Gib Gummi“, gebremst wird nicht. Wenn sich in dieser ambivalenten Konstellation allerdings ein ganzer Tross thailändischer Mönche auf einen 1.500 Kilometer langen Weg quer durch Indien und Nepal begibt, hat das nicht immer etwas Verklärtes. Eigentlich leitet sich das Wort Mönch vom altgriechischen monos ab, das „allein“ heißt. Ein Wandermönch ist einer, der alleine geht. Aber wortgläubiger Dogmatismus ist auf dieser Reise fehl am Platz. Schon seit Buddhas Zeit, seit über 2500 Jahren pilgern Mönche auf dem heiligen Pfad.

Ihr Leitbild Siddhartha Gautama, alias Buddha, ist kein Gott, sondern war Mensch. Er wollte nicht verehrt werden, sondern sah sich als ein Transmitter weiser Empfehlungen. Eine davon: Laufen, als Akt der Klärung und Reinigung von Körper und Geist, der zur Karma-Optimierung beiträgt. Der Inner Peace, der dabei entsteht strahlt dann fröhlich in die Welt hinaus. So ein Ziel der Mönche. Und: Jeder Schritt ist eine Huldigung ihres Königs, der in Thailand sehr verehrt wird. Ein Buddha Walk ist ein spiritueller Fußmarsch, der bis ans Äußerste der Physis geht. Der Weg zum Ziel – dem Baum der Erkenntnis – führt durch eine der ärmsten Gegenden der Welt. Misha G. Schoeneberg läuft tapfer mit, gewappnet mit einer scharfen Beobachtungsgabe und der baldigen Erkenntnis, dass auch Mönche „nur Menschen“ sind. Und er stößt schnell an Grenzen – mentaler Art. An vielen von Elend und extremer Armut geprägten Wegnarben möchte man wegschauen oder sofort einschreiten. Aber das wäre gegen die Regeln. Wenn sich der entschleunigte Friedenstross wie eine „safranfarbene Riesenschlange“ an der AH1, Asiens meist befahrenstem Highway im Dunkeln und auf der falschen Fahrseite leise entlangknirscht, grenzt es fast schon an ein Wunder, dass während des zweimonatigen Walks niemand unter die Räder kommt (Zum Vergleich: Dehli hat im Jahr 2000 Unfalltote, in Berlin sind es Messungen zufolge 50). Nur knapp rasen die klapprigen Blechmühlen an den stillen, sich in Sanftmut Übenden vorbei. Dazwischen kreischen die Hupen „als kakofonische Sinfonie des Irrsinns“(*M.G.Schoeneberg). In einem täglich bis zu 42 Kilometer langen Fußmarsch – quasi ein Marathon – pilgern die Thai-Mönche quer durch Indien und Nepal bis zur heiligen Stätte ihres spirituellen Urvaters, um einmal wie der Buddha unter dem heiligen Baum gebetet und meditiert zu haben. In einer siebenstündigen Meditationssitzung soll Siddhartha unter einer Pappelfeige (Ficus Reliogiosa) – dem Bodhi (Erleuchtungs-) Baum zum Buddha (Erwachte) geworden sein. Er verweilte dort noch weitere sieben Wochen. Erfunden hat er die Meditation übrigens nicht. In Drawidien (dem heutigen südlichen Indien) wurde die Technik des achtsamen Nachinnenkehrens bereits vor 13.000 Jahren erfunden. Heute sind die vielen positiven Effekte auf Körper, Geist und Gesundheit wissenschaftlich bestätigt.

Die Route hört sich an wie Stationen auf einem spirituellen Spielbrett: Lumpini (Geburt), Shravasthi (Buddhas Sommerzuflucht, erstes buddhistisches Kloster der Welt), Saranath (Verkündung) oder Bodhgaya (Erleuchtung), Kushinara (Tod). Von 36 Bundesstaaten werden vier durchwandert (West-Bengalen, Jharkhand, Bijhar und Uttar). Jeder Teilstaat hat mit Ausnahme von Jharkhand, Indiens jüngster Bundesstaat, weit mehr Einwohner als Deutschland, wobei Bijhar die größte Bevölkerungs- und höchste Armutsdichte besitzt. Gleichzeitig heben sie die Quote an. Denn im Mutterland Siddharthas leben gerade mal 0,8 % Buddhisten. 80 % der Bevölkerung sind Hindus, 15 %, Moslems, Christen und Sikhs.

In Thailand hingegen leben 94 % den (Theravada-) Buddhismus. Manch einer probiert sich nur eine Zeit lang als Mönch aus. Ob ein ganzes Leben oder nur einen Buddha-Walk lang, egal wie seine freie Entscheidung ausfällt, seine Familie ist so oder so stolz auf die Mönchszeit, die als ein großer Verdienst für die ganze Familie gilt. So gehen viele der jüngeren Mönche, darunter auch mal ein unbedarfter Bauernjunge, eher verspielt und undogmatisch mit der einen oder anderen Regel um. So blitzt mal ein Handy unter der Kutte vor oder eine Cola stillt den Durst. Ihre Fragen, die sie dem Fremdling später stellen werden, sind unbedarft. Alle Altersstufen sind in der morgenröte-farbenen Karawane vertreten. Haare, Bart und Augenbrauen trägt hier keiner, jede Form von Behaarung gilt als unnötiger Schmuck und Ausdruck von Individualität. Als Kahlkopf entzieht man sich der Weltlichkeit. „In ihren erschöpften Gesichtern sehe ich das ganze menschliche Charakterspektrum vom zänkischen Habicht, dem ewig frustrierenden, bösen Priester bis zum Glücklichen, Gütigen, Gemütlichen oder Verschmitzten.“

Misha G. Schoeneberg, kopfbehaart und durch Hut und beigem T-Shirt als (willkommener) Außenseiter kodiert ist zwar (zunächst) nur Beobachter in der letzten Reihe, ansonsten genießt er einen Sonderstatus. Mit ein paar „noch nicht“ oder „ehemaligen Mönchen“ bildet der Berliner, als einziger Ausländer das Ende der Mönchskette. Weitere 12 Helfer in Zivil sind noch hinzuzurechnen. Als „Karawaat“, der Titel eines Mannes, der im Tempel hilft, um später Mönch zu werden, bildet er die Nachhut, um darauf zu achten, dass niemand zurückbleibt. Eigentlich ist es diesen weltlichen Mitläufern untersagt, Mönche anzusprechen oder sie zu überholen (Laufen ist stille Meditation). Aber natürlich hat Schoeneberg die Reise angetreten, um ihren Gesprächen zu lauschen und am Ende geläutert etwas über den Buddha-Spirit zu lernen. Es kommt ein bisschen anders: Ausgestattet mit zwei Rucksäcken, leichtem klimatisiertem Zelt, Tropenschlafsack, Anti-Moskitosocken, Wasser, Waschzeug, Taschenlampe, Hut, wenigen Wechsel-T-Shirts, einer Tüte Gujarati-Snacks, Blechnapf, einem Kindl und seiner Kamera, erkennt er schnell, dass es diverser Tricks bedarf, um mit den scheinbar nicht aus der Ruhe zu bringenden Spiritmännern nicht nur körperlich mitzuhalten. „Ich versuchte wie ein Schatten-Geher in ihre Fußstapfen zu treten. Das macht Spaß und es spart Energie.“ Das langsame Lauftempo verlangt seine volle Konzentration. Gutes Schuhwerk wie blitzneuer Zweit-Crossroad-Sportschuhe als Reserveschuhe helfen, obwohl Schoenebergs alte Adidas-Treter ihm ebenso besten Dienst leisten. Das Mönch‘sche Schuhlaufwerk hingegen klammert Sportschuhe aus und reicht von der Barfußvariante (das endet meist böse im begleitenden Krankentransporter für Fußerlahmte), billigen Flip-Flops oder der Luxusvariante von Birkenstock-Sandalen (mit Socken!) aus Deutschland.

Zur Linderung der Schwielen und Blasen haben sie Wundersalben dabei, auf die sie schwören und die sie gerne teilten. Einige kennen Massagetechniken. Die Abreibung mit Latschenkieferwasser ersetzt die Morgendusche und kurbelt die Durchblutung an. Wenn das Laufen trotz richtigem Schuhwerk beschwerlich bis unerträglich wird, hilft die Konzentration auf das Atmen als Urelement aller Meditation. Schweigen, Laufen, Atmen und das Beobachten des Atmens ist die Devise. Es gilt, den Atem den Schritten anzupassen. Sechs Schritte aus-, sechs Schritte einatmen. Dann sieben und nach einer halben Stunde 20 Schritte ein- und 20 Schritte ausatmen. Das beamt den Geist weg. Fortgeschrittene summen das Om-mani-padem-hum – ein Geburts-Paarung-Tod-Mantra, der Wahrheitsdreiklang oder auch der Dreiklang des Mitgefühls: Sei gut zu Mensch, Pflanze und Tier. „Atem ist Atman, ist Seelensprache, lenk- aber nicht besiegbar“, weiß „die innere Stimme aus dem Off“. Die kommt von Krishna, den Schoeneberg symbolisch fast sinnlich als „süßen Gott“,  virtuellen Weisen und Berater in seiner Spirit-Road-Geschichte mit einbaut. Ein bisschen hilfreiche Technik darf in seinem Rucksack mit dabei sein: Das Handy dient als Multifunktionsgerät in Funktion eines Fit-Bit-Armbands, als Uhr, Musicbox, Poststation, Standort-App, Kilometer- und Schrittzähler. Bis zu 50.000 Schritte kommen da gerne an einem Tag zusammen. Der beginnt stramm um 3 Uhr („wenn man vom Drang der Gedärme nicht bereits früher geweckt wird“), dann die Sieben Sachen packen (ordentlich und still und leise). Die eingetüteten Zelte der Mönche, praktische Hop-Hop-Wurfzelte aus altem US-Militärbestand und ihre bescheidenen Taschen werden vor Transport-Trucks gelegt (nur die Fahrer und Helfer dürfen diese heben und laden). Um viertel vor 4 Uhr trifft man sich beim Brühkaffee zum Morgengebet, „Das ist keine stille Einkehr, sondern eine Beschwörung. Ein melodischer Singsang, eine Rezitation, schnell und magisch“, beobachtet der Beobachter. Und außerdem hilft Singen, um den morgendlichen Rückenschmerzen entgegenzuwirken. Dann wird der Müll eingesammelt. Kollektiver Abmarsch: um Punkt 4 Uhr. Dabei haben die letzten noch einen Moment länger Zeit ihren Nachtgelager-Knochenweh-Wehchen oder der Tasse heißen Chai, einem indischen Schwarztee mit Milch, viel Zucker und einer scharf-süßen Gewürzmischung aus Kardamom, Zimt, Nelken und irgendwas Scharfem nachzuspüren. Das gemeinsame Chai-Schlürf-Ritual, dem man schweigend und handwärmerisch nachgeht, gibt Kraft. Es folgen drei Etappen von je 10 bis 12 Kilometer mit einem Gesamttagespensum von 30 – 36 Kilometern (macht 47.619 Schritte). Etappe 1 geht bis 7:30 Uhr (um 8 die erste Halbestundenpause), dann weiter bis 11:30 Uhr auf einem geeigneten Rastplatz ist das Mittagessen die einzige richtige Mahlzeit des Tages. Nach 12 Uhr ist für den Rest des Tages Nahrungsstopp, aber Gott bzw. Buddha sei Dank haben sich die Thailändischen Mönche mit 10.000 Rationen Puffreisschnitten aus Thailand eingedeckt. Ein bisschen Heimatfeeling, das im Mund aufpoppt, kann nicht schaden. Ansonsten kocht sich eine indische Crew querbeet durch die thailändische Küche: Gemüse, Eier, Fisch und Huhn. Dazu Reis, Reis, Reis und drei Liter Trinkwasser pro Person. Los wird man Speis und Trank dann ganz unbedarft am Wegesrand mit und ohne Buschwerk. Wenn ein Mönch, der sich besinnlich niederhockt und die Robe wie eine Glocke um sich breitend, zu beten scheint, dient das durchaus als Tarngebärde um das, was alle Menschen im Großen und Kleinen auf den Ort mit der Doppelnull treibt zu verrichten. In den Büschen lauern Schlangen und Autobahntankstellen liegen auch nicht immer auf dem Weg. Überhaupt ist ein zimperlicher Habitus auf diesem Trip nicht angesagt. Die ungeduschten Tage zählt man lieber nicht. Da hilft es, auch mal weniger tief durchzuatmen und Abstand vom Vordermann zu halten.

Eine Stunde ruhen unterwegs ist eingeplant. Abends werden die Zelte im letzten Sonnenlicht aufgebaut, bevor sich bereits um halb sechs die indische Nacht herniedersenkt. Schlafplätze dafür sind Tempelanlagen, Schulen oder zur Not auch mal eine Freifläche in der offenen Steppe. Vorbei an archaischen Dörfern mit Hütten aus Lehm und Kuhdung, manche mit Rundziegel, andere mit Strohdach, begegnen die Menschen dem Tross wohlwollend mit Neugierde. Aufgehalten wird der Tross zwischendurch „nur mal“ von Militär und Polizei, aber ohne größere Konsequenzen. Bei der Zwischenrast in einer Schule plädiert Schoeneberg im Gespräch mit ein paar jungen Studenten an das Umwelt- und Müllbewusstsein und erhält als knappe Antwort die Gegenfrage ob er Mercedes-Benz führe; „Sie wollten lieber die Geschichten einer glanzvollen Welt hören als meine agitatorischen Vorträge.“ Schoeneberg, der in Berlin nur Rad fährt, geht der Humor nicht verloren, so stimmt er als Gegenreaktion den Song von Janis Joplin an: „Oh Lord won´t you buy me a Mercedes Benz?“ und erntet wieder Erstaunen. In einem Gespräch mit einem weisen Mönch verinnerlicht er die Botschaft, dass Buddhismus zu Unrecht als „Leidensreligion“ bezeichnet wird, sondern die „Wandlung allen Leids sei“. Tröstende Worte, vor allem wenn die Füße schmerzen. In einem Dorf verpasst ihm ein dicker Babam, ein Dorfschamane, im Vorbeigehen einen telepathischen Energiekick. Zwischen allen Phasen, ob amüsant oder schockierend, schwingt bei den Mönchen eine unerschütterliche Gelassenheit mit. „Die Mönche sind erwartungslos. Sie gehen einfach weiter“, so Schoeneberg. Sie bewegen sich quasi in der Jetzt-Zone zwischen den beiden Tatsachen, dass es die Geburt und den Tod gibt. Auch an den zahlreichen Elendsszenarien, „die kaum in Worte zu fassen sind und einem vom Glauben abfallen lassen“, laufen sie schnurstracks vorbei.

Der Gestank auf vielen Passagen – ein olfaktorisch Mix aus Müll, Abgasen und den „Urinrinnsalen, von Mensch und Tier, die sich in den aufgeweichten Böden fressen“, werden ohne auch nur die Nase zu rümpfen ignoriert. „Was sie nicht sehen, das gibt es nicht. Ist für sie dann alles nur Illusion?“ fragt sich Schoeneberg, für den diese Form der Ignoranz die größte Herausforderung auf der Mammuttour ist. „Mönche spricht man nicht an, sie sprechen mit einem“ und Schoeneberg spricht Thai, das hilft. Trotzdem: „Einfach wegsehen! – diese Losung ist keine Lösung. Mag die Idee einem kalten, einem spirituellen oder bloß einem cleveren Herzen entsprungen sein, mir erschließt sie sich nicht.“ 6000 Fotos schießen Schoeneberg und sein Freund Aod Chumpon (Champ) – fast beschämt. „Das Klicken des Auslösers war wie das Rattern eines MGs. Ich halte einfach drauf.“

Armutsporno? Nein, Belege! Auch für ihn selbst, damit er sich daran erinnere: „Das hab ich gesehen. Das kann ich nicht leugnen, da sind die Fotos, sie sind der Beweis!“ Die ursprüngliche Idee kleine gemütliche Wege zu laufen und dabei mit den Mönchen zu plaudern, entpuppt sich als Falschannahme. „Es ist wie im echten Leben. Und nichts ist umsonst. Der Weg ist so beschwerlich, dass abends keine Kraft mehr übrig ist. Immer mittendrin im Tross zu sein ist auch eine Form von Lärm. Sie wollten am Ende alle mit mir reden.“ Als sich dann herausstellt, dass parallel zum Highway ein schöner Pfad verlaufen war, flippt Schoeneberg aus, legt sich mit dem fanatischen jungen Abt und Gruppenführer an, der das Tagespensum auf über 40 km erhöht. Buddha hätte das nicht so gewollt. Schoeneberg verliert die Gruppe, verlässt sie zum Selbstschutz mit 24 anderen Mönchen, kommt wieder zurück. Erkennt die Angst und den leichten Wahnsinn des Anführers, seine Unsicherheit und Zerrissenheit. Dazwischen breitet sich die Geschichte Siddharthas über seinen Spuren aus. Der heilige Bodhi-Baum in Bodhgaya bleibt das über alles hinwegtröstende Ziel. „Es war die spannendste Reise meines Lebens, am Ende war ich der Held, weil ich mich mit dem Abt angelegt habe, will ich durchgehalten habe. Aber das wichtigste: Am Ende ist man Mensch –ich wollte mich erst zurückziehe. Als ich weg war, ist der Abt noch schlimmer geworden. „Ich habe mich an Hesses Siddhartha erinnern, habe mich vor ihm hingekniet – nach 3 Tagen hat es gewirkt: Nur noch 30 km. Das war wie Urlaub. Die Belohnung der Strapazen und den erhabensten Moment der Reise erfährt Schöneberg in Bodhgaya unter dem Bodhibaum. Den erreicht er fiebrig und krank. Als der Wind ein Blatt auf ihn weht, muss das wie ein besänftigendes Wort Buddhas gewirkt haben. Eine Belohnung fürs lange Durchatmen …

Der Abschied war sehr, sehr rührend. Freundschaften sind entstanden. Bei seiner ersten Buch-Lesung und dem kurzen aber intensiven Interview spart er dieses Kapitel aus. „Ich müsste glatt heulen. Ein Mönch hat sich bei mir entschuldigt, der Konflikt hat sich umgekehrt in Gnade und Verständnis. Wie es im echten Leben sein sollte.“ Das aus dieser Reise entstandene Buch Siddhartha Highway zieht uns mit stiller Kraft, wiederkehrendem Aufgewühltsein und einem Hauch Urvertrauen mitten auf den Highway. Siddharthas Weg führt mitten in der Neuzeit. Den Umgang mit seiner Lehre bringt Schoeneberg auf den Punkt: „Empirie und Empathie. Die Welt ist so wie sie ist und man sollte Mitgefühl für alles Lebende entwickeln. Der Unterschied zwischen Wissenschaft und Buddhismus ist eigentlich sehr gering. Kümmert euch um das, was ihr wisst. Wir werden geboren und wir sterben und solange diese Sequenz nicht gelöst ist, sollten wir gar nicht weiter nachdenken.“ Gemäß der Erkenntnis, dass Laufen den Körper reinigt und den Geist klärt läuft Schoeneberg auch in der Heimat jede Strecke, die sich laufen lässt zu Fuß. Freund Atman – das bewusste Atmen ist sein Begleiter: „Ich bemühe mich um viel mehr Achtsamkeit in allem. Atemübungen mache ich täglich. Für meine Lese-Tour plane ich ein Special: Laufen, Lesen, Lauschen. Dabei laufe ich von Lesung zu Lesung. Und auf die abschließende Frage, wo Schoeneberg nach seiner Reise jetzt steht antwortet er: „Es war eine Katharsis. Ich bin ruhiger und klarer geworden und einen Schritt weiter.“

 

Schoeneberg hat seine außergewöhnliche Reise „mit Tiefgang“ in einem Buch veröffentlicht. „Siddhartha Highway“ ist in diesem Herbst im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag / September 2017 erschienen.

 

FOTOS: Misha G. Schoeneberg, Aod Chumpon

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